Fünf Forschungsergebnisse, fünf ermutigende Ergebnisse: zur quantitativen und qualitativen Evaluation des AAT/CTs

Das AAT wird seit seiner Gründung 1987 evaluiert und nachgebessert. Die erste Evaluation stammt aus dem Jahre 1989, die aktuellste Studie aus dem Jahr 2007. Das AAT/CT darf damit als eine sehr gut evaluierte Soziale Trainingsmaßnahme gelten. Die fünf Forschungsstudien haben zu folgenden Ergebnissen geführt:

  1. Die qualitative Befragung von Projektleitern/ Auftraggebern des AAT/CTs (Kilb 2002) in bundesweit 88 Projekten mit 952 Probanden ergab eine hohe Praxisakzeptanz wegen der Reduzierung der Gewalttätigkeiten in den betreuten Einrichtungen. Diese Zufriedenheit über eine „Befriedung vor Ort“ erscheint einer der Hauptgründe dafür zu sein, dass die Trainings über Jahre von Städten und Gemeinden bzw. der Jugendhilfe und Justiz gefördert werden.
  2. Die Rückfall-Forschung zum AAT (von 1987-1997 an 74 behandelten Mehrfachgewalttätern) durch das kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen, belegt, dass knapp 2/3 der behandelten Mehrfach-Gewalttäter nicht einschlägig rückfällig wurden und von den verbleibenden 1/3 die Hälfte deliktschwächer agierte (Ohlemacher 2001). Sie schlugen z.B. Ohrfeigen, misshandelten aber nicht mehr ihre Opfer krankenhausreif. Dennoch werden diese positiven Ergebnisse von AAT-Kritikern als unzureichend kritisiert, weil die nicht-AAT behandelte Kontrollgruppe in der Studie exakt dieselben Rückfallzahlen zu Stande brachte. Ergo – so die Kritiker in ihrer Fehlinterpretation – bewirke dass AAT nichts, wenn auch ohne AAT-Behandlung dasselbe Ergebnis erreicht werde. Dabei verschweigen sie – und darauf gilt es hier hinzuweisen – bewusst (vgl. Plewig) oder aufgrund mangelnder Recherche  die Zusammensetzung der Kontrollgruppe: Diese bestand nicht aus unbehandelten Gewalttätern, die im Vollzug nur verwahrt wurden. Trotz Bemühen, konnte das KFN eine derartige Gruppe nicht für die Studie zusammenstellen. Statt dessen nahm man Gewalttäter in die Kontrollgruppe auf, die neben Schule oder Berufsausbildung in der Sozialtherapie, im Gesprächskreis Tötungsdelikte oder im Speziellen Sozialen Training behandelt wurden. Die Studie vergleicht also behandelte Gewalttäter mit behandelten Gewalttätern (!) und kommt bei beiden Gruppen zu dem erfreulichen 2/3 Ergebnis. D.h. Täterbehandlung lohnt sich, ob mit AAT oder Sozialtherapie oder anderen intensiven Formen des Sozialen Trainings. Die niedersächsische Justiz kann stolz auf dieses Ergebnis sein.

    Die KFN-Forschung resümiert entsprechend positiv: Die positiven Effekte des AAT liegen somit nicht über dem Durchschnitt anderer Maßnahmen in Hameln. Diese identische Gewaltrückfallrate (ca. ein Drittel der inhaftierten Gewalttäter) lässt allerdings durchaus verschiedene Deutungen zu: sie könnte z.B. sowohl schlicht die beste derzeit unter den Bedingungen des Jugendstrafvollzuges erreichbare sein oder auch auf einen allgemein wirksamen „Hameln-Effekt“ (eben den einer Anstalt mit relativ vielen Angeboten zur Therapie und Resozialisierung Inhaftierter) zurückzuführen sein – und damit nicht gegen das AAT, sondern primär für Hameln sprechen.

  3. Mit Hilfe des FAF (Fragebogen zur Erfassung von Aggressivitätsfaktoren) und des FPI (Freiburger Persönlichkeitsinventar) wurden in der Zeit von 1987-2002 in einem Pre-Post-Test-Design Erregbarkeit, Aggressivität sowie Aggressionshemmung getestet. Die Ergebnisse der Experimentalgruppe zeigten sich in den Items geringerer Erregbarkeit und Aggressivitätsabbau deutlich besser und bei der Aggressionshemmung geringfügig besser, als in der nicht behandelten Vergleichsgruppe. Das Niveau durchschnittlich aggressiver junger Menschen (Vergleichsgruppe II) wurde allerdings auch von den Behandelten nicht erreicht. (vgl. Weidner 1993, Wolters 1992 , Brand 1999).
  4. Eine deutschlandweite angelegte testpsychologische Schanzenbächer-Erhebung (2002) zum AAT/CT erfasste Daten mittels des Fragenbogens zur Erfassung von Aggressivitätsfaktoren. Nur die Experimentalgruppe (n=125), nicht aber bei der Kontrollgruppe (n=17) weisen auf einen Abbau der nach außen gerichteten Aggressivität und eine Anhebung der Aggressionshemmung hin.  Lamnek (2002, S.5f.) kommentierte als Evaluationsgutachter entsprechend: „Das AAT (…) lieferte schon sehr früh ein handhabbares Programm zur Behandlung gewalttätiger Jugendlicher (…) Schanzenbächers Evaluationsstudie (…) gibt Anlass zu der begründeten Feststellung, dass der Abbau der Aggressivitätsneigungen tatsächlich dem Anti-Aggressivitäts-Training zuzuschreiben ist.“
  5. Die aktuellste Evaluation des AAT/CT stammt von Universität Mainz (Feuerhelm 2007) Darin heißt es resümierend: Bezogen auf die Gesamtteilnehmerzahl wird nur eine Minderheit, nämlich ein Drittel der insgesamt einbezogenen Personen wieder einschlägig rückfällig. Noch positiver erscheint das Bild, wenn man auf die Rückfallzeiten abhebt: Drei Viertel der Kursteilnehmer werden innerhalb des ersten Jahres nach dem Kurs nicht wieder im Gewaltbereich auffällig. Feuerhelm spricht von den reflexionsfördernden und gewalthemmenden Resultaten des AATs, die für eine weitergehende Persönlichkeitsreifung ausschlaggebend sein können.

Auf dem Hintergrund dieser vielfältigen Evaluationen (ausführlich dokumentiert unter www.prof-jens-weidner.de, Rubrik: Forschung) wäre es begrüßenswert, wenn sich AAT/CT-Kritiker wie Herz (2005) oder Plewig (2008) – trotz ihrer Bedenken gegen das konfrontative Handeln in der Sozialen Arbeit und Erziehungswissenschaft – zukünftig die Mühe geben würden, diese Ergebnisse korrekt wiederzugeben. Bock (2000; S. 333) resümiert entsprechend: Das Anti-Aggressivitäts-Training „kann sowohl ambulant als auch stationär an erwachsenen und jugendlichen Gewalttätern durchgeführt werden. Positive Ergebnisse konnten bereits dahingehend erzielt werden, dass sich nach dem AAT die zur Erregbarkeit und Aggressivität ermittelten Werte verringert haben. Gleichzeitig fiel eine Erhöhung der Aggressionshemmung auf.“ Schröder/Merkle (2007; S. 52ff.) konstatieren in ihrer fachliche Stellungnahme zur aktuellen Diskussion über Jugendgewalt: „Die Wirksamkeit von pädagogisch gestützter Gewaltprävention ist belegt.“ Sie forschen an der Hochschule Darmstadt über die Programme  und Verfahren zur Konfliktbewältigung und Gewaltprävention im Jugendalter, stellen qualitative Vergleiche an und erarbeiten Wegweiser.  Die Ergebnisse zeigen, wie zielgruppenspezifisch und problemgenau die verschiedenen Programme ausgerichtet sind. Dem AAT wurde unter den Sozialen Trainingskursen von der Universität Ulm eine höhere Wirkung in der Reduzierung der Gewaltneigung bescheinigt. Einblicke in das Bundeszentralregister ergaben eine Senkung der Delikthäufigkeit und –intensität von AAT-Trainierten. Schröder/Merkle betonen: Nur wenn die Konfrontation dazu führt, Gefühle zu bewegen und Einsichten zu erzeugen, kann sie auf Dauer bei dem Einzelnen etwas bewegen. Ein Verstehen bleibt deshalb auch die zentrale Grundlage für einen Zugang zu denen, die wir in ihrem Handeln zunächst nicht verstehen.