AAT-Forschung kompakt
Quantitative und qualitative Evaluation: Anti-Aggressivitäts- und Coolness-Trainings (AAT/CT®) zum Abbau der Gewaltbereitschaft
Das AAT/CT® behandelt gewalttätige Menschen in sechsmonatigen Trainingskursen. Die Teilnahme erfolgt über richterliche Auflagen (§ 10 JGG) oder freiwillig. AAT/CT® basieren auf einem lerntheoretisch-kognitiven Paradigma. Die lerntheoretischen Aspekte konzentrieren sich u.a. auf die Analyse von Aggressivitäts-Auslösern. Die kognitive Perspektive zielt auf die Steigerung von Opferempathie und Tatverantwortung ab.
Durch das Frankfurter Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS), die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW), die FHS Mannheim und das Deutsche Institut für Konfrontative Pädagogik (IKD) wurden seit 1994 ca. 500 Sozialpädagogen, Psychologen und Lehrer als AAT/CT – TrainerInnen zertifiziert. Heute werden in Deutschland und der Schweiz in knapp 100 Trainingsprogrammen über 2000 Probanden jährlich betreut.
Das AAT/CT – gegründet 1987 – feierte sein 20-jähriges Jubiläum in einem Festakt, den der Dekan der Hochschule Mannheim ausrichtete. In dieser gesamten Zeit wurde und wird das AAT/CT evaluiert und – bei Bedarf – nachgebessert. Die erste Evaluation stammt aus 1989, die aktuellste Studie aus 2007. Das AAT/CT darf damit als sehr gut evaluiert gelten:
Fünf Forschungsstudien, fünf ermutigende Forschungsergebnisse:
- Die qualitative Befragung von Projektleitern/ Auftraggebern des AAT/CT (2001) in bundesweit 88 Projekten mit 952 Probanden (Prof.Dr.Kilb, Hochschule Mannheim) ergab eine hohe Praxisakzeptanz wg. der Reduzierung der Gewalttätigkeiten in den Projekten vor Ort. Diese Zufriedenheit über eine „Befriedung vor Ort“ erscheint einer der Hauptgründe dafür zu sein, dass die Trainings zum Teil über Jahre gefördert und angeboten werden.
- Die Rückfall-Forschung zum AAT (von 1987-1997 an 74 behandelten Mehrfachgewalttätern) durch das kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen, belegen, dass knapp 2/3 der von uns behandelten Mehrfach-Gewalttäter nicht einschlägig rückfällig werden und von den verbleibenden 1/3 immerhin die Hälfte zukünftig deliktschwächer agiert, d.h. z.B. Ohrfeigen schlägt, aber nicht mehr Krankenhaus reif misshandelt. Das niedersächsische Justizministerium und die Leitung der JA Hameln (die Erhebung fand in der JA Hameln statt) dürfen auf diese Ergebnisse stolz sein, die von Prof.Dr.Ohlemacher u.a. erhoben wurden.Dennoch werden diese Ergebnisse von Einzelnen als unzureichend kritisiert, weil die nicht-AAT behandelte Kontrollgruppe in der Studie exakt dieselben Rückfallzahlen zu Stande brachte. Ergo – so die Kritiker in ihrer Fehlinterpretation – bewirke dass AAT nichts, wenn auch ohne AAT-Behandlung dasselbe Ergebnis erreicht werde.Dabei verschweigen die Kritiker – und das gilt es hier richtig zu stellen – die Zusammensetzung der Kontrollgruppe. Diese bestand nicht aus unbehandelten Gewalttätern, die im Vollzug nur verwahrt wurden. Trotz Bemühen, konnte das KFN eine derartige Gruppe nicht für die Studie zusammenstellen. Statt dessen nahm man Gewalttäter in die Kontrollgruppe auf, die neben Schule oder Ausbildung in der Sozialtherapie, im Gesprächskreis Tötungsdelikte oder dem Sozialen Training der JA betreut wurden.Die Studie vergleicht also behandelte Gewalttäter mit behandelten Gewalttätern (!) und kommt bei beiden Gruppen zu dem erfreulichen 2/3 Ergebnis. D.h. Täterbehandlung lohnt sich, ob mit AAT oder Sozialtherapie oder anderen intensiven Formen des Sozialen Trainings. Wie gesagt, die niedersächsische Justiz kann stolz auf dieses Ergebnis sein.
Die KFN-Forschung resümiert entsprechend positiv am Ende der Studie:
Die positiven Effekte des AAT liegen somit nicht über dem Durchschnitt anderer Maßnahmen in Hameln. Diese identische Gewaltrückfallrate (ca. ein Drittel der inhaftierten Gewalttäter) lässt allerdings durchaus verschiedene Deutungen zu: sie könnte z.B. sowohl schlicht die beste derzeit unter den Bedingungen des Jugendstrafvollzuges erreichbare sein oder auch auf einen allgemein wirksamen „Hameln-Effekt“ (eben den einer Anstalt mit relativ vielen Angeboten zur Therapie und Resozialisierung Inhaftierter) zurückzuführen sein – und damit nicht gegen das AAT, sondern primär für Hameln sprechen.
Es wäre begrüßenswert, wenn sich Kritiker die Mühe geben würden, diese Ergebnisse zukünftig korrekt wiederzugeben. - Mit Hilfe des FAF (Freiburger Aggressions-Fragebogen) und des FPI (Freiburger Persönlichkeitsinventar) wurden in der Zeit von 1987-2002 vor und nach dem Training Erregbarkeit, Aggressivität sowie Aggressionshemmung getestet. Die Ergebnisse der Experimentalgruppe zeigten sich in den Items geringerer Erregbarkeit und Aggressivitätsabbau deutlich besser, bei der Aggressionshemmung geringfügig besser als in der nicht behandelten Vergleichgruppe. Das Niveau durchschnittlich aggressiver, nicht inhaftierter Jugendlicher (Vergleichsgruppe II) wurde allerdings auch von den Behandelten nicht erreicht. (vgl. Weidner 1993, Wolters 1992 , Brand 1999, Schanzenbächer 2002).
- Eine deutschlandweite angelegte testpsychologische Erhebung (2002) zum AAT/CT erfasste Daten mittels des Fragenbogens zur Erfassung von Aggressivitätsfaktoren. Nur die Experimentalgruppe (n=125), nicht aber bei der Kontrollgruppe (n=17) weisen auf einen Abbau der nach außen gerichteten Aggressivität und eine Anhebung der Aggressionshemmung hin, so Dr.Schanzenbächer dessen Forschung u.a. von Prof.Dr.Lamnek betreut wurde.
- Die aktuelleste Evaluation des Anti-Aggressivitäts-Trainings und des Coolness-Trainings stammt von Prof.Dr. Wolfgang Feuerhelm, Universität Mainz 2007. Darin heißt es resümierend:Bezogen auf die Gesamtteilnehmerzahl wird nur eine Minderheit, nämlich ein Drittel der insgesamt einbezogenen Personen wieder einschlägig rückfällig. Noch positiver erscheint das Bild, wenn man auf die Rückfallzeiten abhebt: Drei Viertel der Kursteilnehmer werden innerhalb des ersten Jahres nach dem Kurs nicht wieder im Gewaltbereich auffällig.
Prof. Feuerhelm spricht von den reflexionsfördernden und gewalthemmenden Resultaten des AATs, die für eine weitergehende Persönlichkeitsreifung ausschlaggebend sein können.
Resümee: Die Betreuung und das Training von und mit aggressiven Menschen lohnt sich!
Brand,M./Saasmann,M.: Anti-Gewalt-Training für Gewalttäter, in: DVJJ-Journal 4/1999:419-425
Eggert, Anne / Feuerhelm, Wolfgang: Evaluation des Anti-Aggressivitäts-Trainings und des Coolness
Trainings Forschungsbericht Universität Mainz 2007
Kilb, Rainer; Weidner, Jens: „So etwas hat noch nie jemand zu mir gesagt…“. In: Krim. Journal, 34.Jg. H. 4, 2002: 298-303
Ohlemacher,T.u.a.: Anti-Aggressivitäts-Training und Legalbewährung, in: Bereswill,M. (Hg.): Interdisziplinäre Beiträge zur kriminologischen Forschung. NOMOS Verlag 2001
Schanzenbächer, Stefan, 2002: Anti-Aggressivitäts-Training auf dem Prüfstand. Gewalttäter- Behandlung lohnt sich. Herbolzheim: Centaurus.
Weidner,J./Kilb,R./Kreft,D:(Hg.): Gewalt im Griff. Weinheim 2002
Weidner ,J.: Anti-Aggressivitäts-Training für Gewalttäter. Bonn 1993